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Smarter Katastrophenschutz

Mit 5G lassen sich Waldbrände sicherer bekämpfen

16.11.2023
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Jedes Jahr brennen Wälder in Brandenburg. Doch wegen Munitionsresten im Boden kann die Feuerwehr oft nicht löschen. Dank lokaler 5G-Netze übernehmen künftig Drohnen und ferngesteuerte Löschfahrzeuge die Einsätze – und schützen Leben.

Stimmt etwas mit der Drohne nicht? Fahrzeugspezialist Christian Klementz blickt hinaus auf das Flugfeld. Rund 300 Meter entfernt haben sich einige Forscherinnen und Forscher über die Drohne gebeugt, die eigentlich schon in der Luft sein sollte. Drei Jahre haben die Beteiligten auf diesen Praxistest des 5G-Forschungsprojektes „ALADIN“ hingearbeitet. Die Sonne scheint milde an diesem Nachmittag, die Bedingungen sind günstig. Scheitert jetzt alles daran, dass die Drohne nicht abhebt?

Drohne liefert Livebilder für die Löschraupe

Eine bunte Mischung aus Fachleuten mit unterschiedlichen Kompetenzen hat sich auf dem Flugplatz Schönhagen, 40 Kilometer südwestlich von Berlin, eingefunden, um den Test zu verfolgen: Expertinnen und Experten aus den Bereichen Drohnenentwicklung, Netzwerktechnik, Brandbekämpfung und Spezialfahrzeugbau. Christian Klementz ist für die ferngesteuerte Löschraupe verantwortlich, die gleich zum Einsatz kommen soll. Doch zuerst muss die Drohne abheben, die mit ihren Kameras das Lagebild liefern soll.

Christian Klementz will Feuer ferngesteuert löschen – und benötigt dazu Mobilfunknetz überall im Wald.
Alle Fotos: Philipp Plum / Fraunhofer FOKUS

Das Projekt „ALADIN“ (Advanced Low Altitude and Data Information System) erforscht, wie ein mobiles 5G-Netz dabei helfen kann, Waldbrände zu bekämpfen. „ALADIN“ ermöglicht die Steuerung ferngesteuerter Löschfahrzeuge, die Echtzeitübertragung von Video- und Datenströmen zur Einsatzleitung sowie die Kommunikation zwischen den Einsatzkräften. Am Rand des Flugfeldes haben die Forschenden ihre mobile Einsatzzentrale aufgebaut. Ein ausfahrbarer, baumhoher Antennenmast sorgt lokal für 5G.

Die 5G-Antennen funken im Test von einem Hubwagen, der jederzeit schnell an einen Waldrand fahren kann.

Gerade Brandenburg mit seinen besonders waldbrandgefährdeten Kiefernwäldern kann eine solche Technik gut gebrauchen. Aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und auf diversen ehemaligen militärischen Übungsplätzen lagern noch große Mengen Munition im Brandenburger Boden. „Aus Sicherheitsgründen dürfen wir uns Bränden in munitionsbelasteten Gegenden auf maximal 1000 Meter nähern“, sagt Silvio Kahle, Kreisbrandmeister in Teltow-Fläming. „In solchen Fällen können wir den Brand nur aus der Luft bekämpfen und das reicht in der Regel nicht, um ihn vollständig zu löschen. Dann können wir nur hoffen, dass es regnet.“ Mehr als 500 Waldbrände zählte das brandenburgische Umweltministerium allein im Jahr 2022. Durch den Klimawandel und immer mehr Trockenheit im Sommer ist kaum Besserung in Sicht.

Ein „Nomadic Node“ sorgt für temporäre lokale 5G-Verbindung

Jetzt kommt Bewegung in die Gruppe auf der Startbahn. Die Frauen und Männer treten von der Drohne zurück. Das Fluggerät, das wie ein verkleinertes Sportflugzeug aussieht, fährt an, nimmt Geschwindigkeit auf, hebt ab und beginnt über dem Areal zu kreisen. Christian Klementz nickt zufrieden. Mit der Fernbedienung in seiner Hand leitet er nun die heiße Phase des Tests ein: Per Knopfdruck löst er eine Rauchbombe aus. Grüner Rauch steigt über dem Feld am Rande des Flugplatzes auf. Jetzt soll das „Feuer“ durch die von seiner Firma entwickelte ferngesteuerte Löschraupe gelöscht werden.

Die Drohne im Einsatz

Die Kameradrohne funkt Livebilder vom Feuer. So bekommt die Feuerwehr wertvolle Infos für den Einsatz der Löschraupe.
Roman Zaytsev von Smart Mobile Labs (links) hat die Kamerabilder im Blick. Merlin Heilmann von Firma ReloConsult steuert per Fernbedienung die Löschraupe.
Kreisbrandmeister Silvio Kahle erhofft sich durch 5G mehr Überblick und Sicherheit für die Feuerwehrleute.

In einem Container, der als Steuerstand dient, verfolgt Marc Emmelmann an einem der vielen Bildschirme, wie sich das Löschfahrzeug in Bewegung setzt. Emmelmann forscht am Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) in Berlin an sogenannten „Nomadic Nodes“ – temporär installierten lokalen 5G-Netzen. Zur Ausstattung gehören robuste, tragbare Server-Koffer, ein Antennenmast und die Funktechnik. „Mit einem 'Nomadic Node' schaffen wir für Lagen wie einen Waldbrand ein sehr leistungsstarkes 5G-Netz, mit dem sich alle Elemente der Brandbekämpfung verbinden und koordinieren lassen.“

5G-Netz hilft Feuerwehrleuten in gefährlichen Lagen

Zum Testlauf gehören in diesem Fall die Löschraupe und die Drohne, die der Feuerwehr verlässliche Echtzeit-Lagebilder liefert. Im Ernstfall könnten auch die Einsatzkräfte vor Ort mit ihrem Handy auf Luftaufnahmen zugreifen. „Bis jetzt haben wir im Wald meistens nicht einmal Handyempfang“, sagt Kreisbrandmeister Kahle. „Luftbilder vom Polizeihubschrauber erreichen uns immer erst mit Verzögerung. Da würde uns ein 5G-Netz, das uns ein Echtzeitlagebild liefert, natürlich große Dienste erweisen und die Sicherheit unserer Leute erhöhen.“

Für den Überblick sorgt das „ATISS“. Die Abkürzung steht für „Autonomous Flying Testbed for Integrated Sensor Systems“. Das ATISS ist eine Starrflüglerdrohne, also eine Drohne, die über Tragflächen verfügt und ein wenig an ein Segelflugzeug erinnert. Die Drohne – entwickelt an der Technischen Hochschule (TH) Wildau – kreist verlässlich am Himmel und sendet kontinuierlich Videobilder vom Einsatzort. „Das 'ATISS' hat zukünftig eine Einsatzzeit von bis zu acht Stunden und kann damit Einsatzkräfte im Katastrophenfall dauerhaft unterstützen“, sagt Projektkoordinator Patrick Slotosch. „Neben der Brandbekämpfung gibt es für das 5G-System viele weitere denkbare Einsatzmöglichkeiten. Zum Beispiel bei Hochwasser und in Erdbebengebieten, in denen Strom- und Mobilfunknetz zusammengebrochen sind. Denn das System lässt sich auch mit Akku und Satellitentechnik betreiben.“

Löschraupe ist für lange Einsätze ausgerüstet

Das Vorhaben wird durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit knapp 4 Millionen Euro gefördert und von der TH Wildau koordiniert. Neben dem Fraunhofer-Institut FOKUS gehören auch die Stadt Trebbin, die Flugplatzgesellschaft Schönhagen sowie das Echtzeit-Videotechnik-Unternehmen Smart Mobile Labs aus München zum Projektkonsortium. Ebenso die hessische Firma ReloConsult von Christian Klementz, die die Löschraupe CT25 entwickelt hat. Sie kann eine Nutzlast von bis zu 30 Tonnen transportieren. Dabei trägt das Löschfahrzeug keinen Wassertank, sondern ein abrollbares Schlauchsystem, das eine kontinuierliche Brandbekämpfung auf große Entfernung ermöglicht. „Das erleichtert natürlich die Arbeit der Feuerwehr, wenn das Löschfahrzeug nicht immer wieder zum Auftanken fahren muss“, sagt Klementz.

Die Löschraupe fährt auf den Brandherd zu. Durch den Abrollschlauch fließt kontinuierlich Löschwasser.

Jetzt beobachtet er gespannt, wie sich der Koloss langsam der Rauchquelle nähert. Wasser marsch! Per Fernbedienung aktiviert ein Mitarbeiter die Löschkanone. Ein kräftiger Strahl beschießt die Stelle, an der der Rauch aufsteigt. Zufrieden schaut er zu, wie die Raupe ihre Arbeit macht. Klementz ist bereits auf der Suche nach Partnern, die ihn bei der Serienfertigung unterstützen. Er will ein modular aufgebautes Raupenfahrzeug anbieten, das mit unterschiedlichen Aufbauten zum Beispiel auch in Überschwemmungsgebieten oder bei Chemiebränden eingesetzt werden kann.

„Das hat Spaß gemacht“, fasst Marc Emmelmann vom Fraunhofer-Institut FOKUS seinen Tag am Flughafen zusammen, nachdem der letzte Rauch verflogen ist. „Wir haben alle technischen Herausforderungen gelöst und konnten von den anderen Gewerken noch viel lernen.“ Chancen für die Weiterentwicklung seiner „Nomadic Nodes“ sieht er momentan vor allem durch die Möglichkeit, die Systeme immer weiter zu verkleinern. „Die aktuelle Technik passt in den Kofferraum eines Kombis. Für spezielle Forschungsanwendungen können wir die Technik auch schon in Aktenkoffergröße packen. Dadurch ergeben sich in Zukunft viele neue mobile Einsatzmöglichkeiten.“

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