Beeinträchtigt der neue Mobilfunkstandard die Gesundheit? Deutschland hat seit 2002 rund 20 Millionen Euro in die Untersuchung möglicher gesundheitlicher Folgen von elektromagnetischen Feldern investiert. Auch für dieses und die kommenden Jahre planen das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Strahlenschutz umfangreiche Forschungsvorhaben – vor allem mit Blick auf den neuen 5G-Mobilfunkstandard.
In der Hand, am Kopf oder in der Hosentasche: Das Mobiltelefon tragen viele Menschen eng bei sich. Damit das Handy Daten übertragen kann, verwendet es elektromagnetische Felder, kurz EMF. Diese geben Energie an die Umgebung ab. Ist das ein Problem, etwa für die Gesundheit? Diese Frage steht im Zentrum abgeschlossener, laufender und zukünftiger wissenschaftlicher Forschungsvorhaben. Bereits seit Ende des 20. Jahrhunderts haben anerkannte Forschungsinstitute und Universitäten Untersuchungen zu gesundheitlichen Auswirkungen des Mobilfunks durchgeführt – sowohl national als auch international. Alle Expertengremien kommen auf Basis der aktuell vorliegenden Forschungsergebnisse zu dem Schluss: Die Grenzwerte schützen uns.
In Deutschland wurden bereits zwischen 2002 und 2008 im Rahmen des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms (DMF) Studien durchgeführt. In insgesamt 54 Forschungsprojekten untersuchte das Programm die gesundheitlichen Wirkungen elektromagnetischer Felder auf den menschlichen Körper. Bisher abgeschlossene Studien beziehen sich in den meisten Fällen auf die bisher genutzten Standards GSM und UMTS.
Die im ersten Schritt genutzten Frequenzen für 5G sind bereits seit Jahren im Einsatz oder nah daran und gut erforscht. Die Grenzwerte schützen uns. Im Rahmen des 5G-Ausbaus sollen Mobilfunksignale perspektivisch auf noch höheren Frequenzbändern gesendet werden. Diese werden sehr wahrscheinlich nicht flächendeckend eingesetzt. Bekannte Wirkungen der höheren Frequenzbereiche sind Wärmewirkungen auf die Haut und Augen. Effekte auf innere Organe hingegen sind unwahrscheinlich. Um die Datenlage weiter zu verbessern, laufen auch zu diesen höheren 5G-Frequenzbereichen Forschungsvorhaben. Dennoch lässt sich sagen: Auch die höheren Frequenzbänder, auf denen in Zukunft der neue 5G-Mobilfunkstandard gesendet wird, bergen laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) nach aktuellen Erkenntnissen keine Gefahr, solange die festgelegten Grenzwerte eingehalten werden. Diese Grenzwerte sind in der Regel noch um das Hundertfache höher als die eigentliche Exposition der ortsfesten Sendeanlagen, die wir Menschen durch Mobilfunkstrahlung erfahren.
Forscherinnen und Forscher führen derzeit eine Vielzahl von Studien durch. Im Fokus stehen Langzeitwirkungen von EMF auf Erwachsene und Kinder. Mit diesen befasst sich unter anderem die COSMOS-Studie („Cohort Study of Mobile Phone Use and Health“), die seit 2007 von einem internationalen Konsortium aus sechs europäischen Ländern durchgeführt wird, um die allgemeine Gesundheit von 290.000 Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern zwischen 20 und 30 Jahren über 15 Jahre hinweg zu untersuchen. Die Studie läuft noch bis 2037. Die MOBI-KIDS-Studie untersuchte die Langzeitwirkungen der Mobilfunknutzung auf Kinder und Jugendliche seit 2010 in 14 Ländern. Ihre Auswertung dauert noch an und wird kurzfristig erwartet.
Das 2014 gestartete interdisziplinäre GERoNiMO-Projekt wird von der Europäischen Union gefördert und soll das Wissen über mögliche Wirkungen elektromagnetischer Felder erweitern. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 13 verschiedenen Ländern entwickeln auch Maßnahmen zur Reduzierung der Wirkungen durch EMF.
Außerdem hat die WHO seit 2019 insgesamt 10 systematische Reviews in Auftrag gegeben, in denen bereits vorhandene wissenschaftliche Hinweise und Nachweise zusammengetragen analysiert und bewertet werden.
Aktuell fördert die Bundesregierung Forschungsprojekte, um die Wirkungen und Risiken der Mobilfunkstrahlung zu untersuchen – speziell in Bereichen, in denen die wissenschaftliche Erkenntnislage noch unzureichend ist. Derzeitige Forschungsvorhaben des Bundesumweltministeriums (BMU) sowie des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) sind im Ressortforschungsplan des BMU 2019 und 2020 einsehbar. Unter anderem erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Einfluss von EMF auf Gehirnaktivität, Schlaf und kognitive Leistungsfähigkeit. Dabei nehmen sie auch Parameter wie Alter und Geschlecht in den Blick.
Die Mobilfunkstrategie der Bundesregierung sieht darüber hinaus vor, die Begleitforschung zu Wirkungen auf Menschen und Umwelt durch Einrichtung einer kontinuierlichen Forschungsförderung weiter zu forcieren.
Forschung ist nie abgeschlossen. Einen Nachweis der Unbedenklichkeit kann es für keinen Stoff, für keine Technik geben. Es bleibt immer ein Rest Unsicherheit, da man niemals alle möglichen Effekte, Szenarien und Kombinationen erforschen kann. Diese Unsicherheit ist beim Mobilfunk bereits sehr klein – kleiner als bei manch anderer Umwelteinwirkung. Und durch weitere Forschung wird sie noch kleiner. Wenn viele wissenschaftliche Untersuchungen keine Wirkung nachweisen konnten und die Mehrheit der mit der Bewertung befassten Fachleute sich darin einig sind, kommen wissenschaftliche Expertengremien zu der Einschätzung, dass die Bewertung gesichert ist: Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand ist nicht von einer schädlichen Wirkung auszugehen.
Wo besteht eigentlich Forschungsbedarf? Das ermitteln Expertengremien: Zu den wichtigsten dieser Gremien, die auch den aktuellen Forschungsstand im Blick behalten und alle bereits veröffentlichten Arbeiten und Studien auswerten, zählt neben der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Strahlenschutzkommission (SSK) beim Bundesumweltministerium in Deutschland. Sachverständige dieser Gremien prüfen genau, ob die vorgelegten Arbeiten wissenschaftlichen Standards genügen. Auf Basis ihrer Entscheidungen geben sie Empfehlungen an Politik und Verwaltung ab.
Alle Forschungsprojekte im Rahmen des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms (DMF) hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betreut. Finanziert werden die Studien vom Bundesumweltministerium (BMU) und von den Mobilfunknetzbetreibern. Die Strahlenschutzkommission (SSK) hat die Ergebnisse ausgewertet.
Am 5. Februar 2020 wurde das Kompetenzzentrum Elektromagnetische Felder als Teil des BfS gegründet. Es ergänzt bereits bestehende Einrichtungen und soll als zentrale Anlaufstelle zu allen Strahlenschutz- und Gesundheitsfragen bezüglich elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder fungieren. Das Kompetenzzentrum bündelt Wissen und intensiviert die Forschung und Kommunikation über EMF.
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