Erinnern Sie sich an die "Knochen"? So hießen Mobiltelefone noch in den 1990er-Jahren. Doch unsere mobile Kommunikation begann viel früher. Schon 1926 telefonierten Reisende aus dem fahrenden Schnellzug und 1938 grüßten Menschen per Sprachnachricht ihre Familie.
Andere Menschen jederzeit anrufen – diese Idee klang verrückt zu Zeiten von Guglielmo Marconi. Der Italiener legte dennoch den Grundstein für das heutige Handy-Zeitalter. Marconi gab sich Ende des 19. Jahrhunderts nicht damit zufrieden, Morsecode über Telegrafendraht zu übermitteln. Er experimentierte erfolgreich mit Funk: 1897 kommunizierte Marconi vom Festland aus mit Schiffen auf See. 1898 folgte die erste kommerzielle Funkverbindung: Kunden konnten für einen Schilling ihre Nachricht drahtlos auf die britische Insel Wight schicken. Schon ein Jahr später gelang eine 130-Kilometer-Verbindung über den Ärmelkanal, 1901 eine Funkverbindung nach Nordamerika.
Marconi arbeitete damals mit sogenannten Knallfunkensendern: Sie erzeugen elektromagnetische Funkwellen, die aus einer elektrischen Entladung über eine Funkenstrecke resultieren. Dabei entstehen laute Knallgeräusche. Die Methode war schon einige Jahre später veraltet – und statt Morsecode gelang schon bald die Übermittlung von Stimmen.
Fahrgäste telefonierten schon 1926 mobil aus dem Zug
1926 veränderte der nächste Fortschritt das Reisen: Zwischen Hamburg und Berlin konnten Fahrgäste aus dem D-Zug heraus auf Festnetztelefone anrufen – und selbst angerufen werden. Ein Anrufwunsch damals setzte einen komplizierten Prozess in Gang: Wer jemanden im Zug anrufen wollte, musste sein Gespräch bei der Reichspost anmelden. Sie leitete den Wunsch an eine von drei Zugvermittlungsstellen entlang der Bahnstrecke weiter. Von dort gab es Verbindungen mit einer Freileitung, die entlang der Strecke verlief. Zwischen der Freileitung und den Antennen auf dem Dach des Zuges bestand eine Funkverbindung. Eine Telefonistin nahm die Anfrage im Zug entgegen und schickte einen uniformierten Boten durch den Zug, um den Fahrgast zu suchen. Dieser ging zur "Sprechstelle" – einem Abteil mit Telefon, auch "Zug-Amt" genannt.
Schon damals gab es Kritik am mobilen Telefonieren. Manche Menschen fanden Gespräche aus dem fahrenden Zug unnötig: Reisen innerhalb Deutschlands seien schließlich so kurz, dass niemand das Bedürfnis nach einem Telefonat verspüren dürfte. Doch das menschliche Bedürfnis nach Kommunikation widerlegte diese Meinung – und führte zu immer weiteren Fortschritten.
Videokonferenzen und Sprachnachrichten in den 1930er-Jahren
Dazu zählten schon in den 1930er-Jahren Videokonferenzen und Sprachnachrichten. Am 1. März 1936 ging die erste öffentliche Bildtelefonverbindung zwischen Berlin und Leipzig in Betrieb. Die "Weitverkehrs-Fernsehsprechverbindung" war eine Kombination aus Telefon und Fernsehen, die Daten wurden allerdings nicht per Funk, sondern über ein Koaxialkabel übertragen.
Wirklich mobil hingegen waren die ersten Sprachnachrichten, die in den 1930er-Jahren "Sprechbriefe" hießen. Die Deutsche Photomaton-Gesellschaft etwa bot Menschen an, ihre Grüße auf eine Schallplatte aufzunehmen und diese dann zu verschicken. Eine Aufnahme lagert heute noch im Sammlungsdepot des Museums für Kommunikation Frankfurt am Main: Ein Mädchen namens Marion hatte darauf ein Gedicht und zwei Lieder als Weihnachtsgeschenk für den Vater aufgenommen.
Mobilfunk damals
Mobiles Telefonieren, wie wir es heute kennen, begann um 1958. Damals startete die Bundespost den analogen Mobilfunk, genannt A-Netz. Von einem Handy konnte jedoch da noch keine Rede sein: Die Geräte waren viele Kilogramm schwer und wurden erst durchs Auto zu einem "Mobiltelefon". Ähnlich umständlich war auch der offizielle Name für den damaligen Mobilfunk: öffentlicher beweglicher Landfunk. Vermittlungsbeamte mussten die Gesprächspartner damals noch von Hand vermitteln, die Zahl der Teilnehmenden war begrenzt – auch deshalb leisteten sich nur wenige Menschen diesen Luxus.
In den folgenden Jahren wurde mobiles Telefonieren dann tatsächlich mobil. Die Geräte schrumpften, passten irgendwann in einen Aktenkoffer und wurden schließlich handlich. Auf das B-Netz und das C-Netz folgte schließlich 1992 das D-Netz. Mit dem digitalisierten Mobilfunk waren nun Gespräche und Datenübertragung möglich – mit der SMS etablierten sich ab den 1990er-Jahren die Kurznachrichten. Alle folgenden Weiterentwicklungen – bis zum 5G-Mobilfunk – konzentrieren sich inzwischen auf eine möglichst gute Datenübertragung.
Verfolgen Sie Mobilfunkgeschichte in Bildern, oben in unserer Bildergalerie!
Links und weiterführende Informationen
- Sammlungsdepot Heusenstamm des Museums für Kommunikation Frankfurt am Main. Sammlungsdepot Heusenstamm des Museums für Kommunikation Frankfurt am Main.
- Adalbert Kukan. Das Lebenswerk von Guglielmo Marconi. Adalbert Kukan. Das Lebenswerk von Guglielmo Marconi.
- Stefan Ebenfeld. Fachbeitrag zur Zugtelefonie der DB Museen (nicht online). Stefan Ebenfeld. Fachbeitrag zur Zugtelefonie der DB Museen (nicht online).
- Öffentlicher beweglicher Landfunk – private Infoseite zur Mobilfunkgeschichte. Öffentlicher beweglicher Landfunk – private Infoseite zur Mobilfunkgeschichte.
- die tageszeitung. Die Rückkehr der Telephoten. die tageszeitung. Die Rückkehr der Telephoten.
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